07.05.2019|33/19|Berlin
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Noch 1 Jahr bis zum MDR-Geltungsbeginn
Der Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, hat die
Europäische Kommission aufgefordert, noch in der laufenden Amtsperiode
zu handeln und die Weichen zu stellen, um Engpässe in der
Patientenversorgung durch die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR)
zu verhindern. "Ein Jahr vor MDR-Geltungsbeginn am 26. Mai 2020 fehlen
den MedTech-Unternehmen noch immer die Voraussetzungen, die MDR
umzusetzen. Dazu gehören eine ausreichende Anzahl von Benannten Stellen,
die notwendige Rechtsklarheit durch die Rechtsakte sowie eine
funktionierende Eudamed-Datenbank", so BVMed-Geschäftsführer Dr.
Marc-Pierre Möll.
Das neue Regulierungssystem werde ohne sofortiges und koordiniertes
Handeln der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des
Europäischen Parlaments nicht rechtzeitig bereit sein, um den Zugang zu
für die Patientenversorgung erforderlichen Medizinprodukten zu
gewährleisten, so der BVMed.
Ein Jahr vor Geltungsbeginn sei das neue Regulierungssystem nicht
funktionsfähig, kritisiert der MedTech-Verband. Eines der wichtigsten
Anliegen sei eine ausreichende Kapazität an Benannten Stellen. Derzeit
sei von 57 bestehenden Stellen erst eine Stelle nach der MDR neu
benannt. Die Europäische Kommission (DG GROW) geht davon aus, dass nicht
mehr als 12 Benannte Stellen bis zum Ende des Jahres, 5 Monate vor
Ablauf der Frist, benannt werden. Möll: "Dies ist viel zu spät,
unzureichend und gibt keine Garantie dafür, dass die Benannten Stellen
über genügend Kapazität verfügen, um die weitere Zulassung von Produkten
bis Mai 2020 sicherzustellen."
Benannte Stellen benötigten nach den alten Richtlinien in der Regel 3
bis 9 Monate, um eine Produktzertifizierung abzuschließen. Für die
MDR-Zertifizierung wird aufgrund der gestiegenen Anforderungen noch mehr
Zeit benötigt. Die Übergangsbestimmungen der MDR können nur auf
bestimmte unter dem aktuellen Rechtsrahmen in Verkehr gebrachte
Medizinprodukte angewendet werden. "Somit werden Zehntausende von
Medizinprodukten einen solchen Zertifizierungsprozess durchlaufen
müssen, und der Mai 2020 ist nur noch zwölf Monate entfernt", so der
BVMed. Neben der umfangreichen Zertifizierung von Bestandsprodukten
benötigen zudem zahlreiche neue Produktkategorien erstmals eine
Zertifizierung. Sie fallen auch nicht unter die vorgesehene
MDR-"Kulanzfrist".
"Im derzeitigen Vorbereitungstempo wird das neue Regulierungssystem
nicht rechtzeitig bereit sein, diese zusätzliche Arbeitsbelastung
aufzunehmen", stellte der Europäische Dachverband MedTech Europe vor
wenigen Tagen in einem offenen Brief an die Kommission fest. Ab Mai 2020
werden damit Tausende von Medizinprodukten nicht mehr mit EU-Recht
konform sein, um weiterhin für Chirurgen, Ärzte, Krankenhäuser und
Patienten zur Verfügung zu stehen.
Der BVMed erwartet von der Europäischen Kommission zudem mehr
Transparenz über den Stand der Umsetzungsmaßnahmen, damit die
Unternehmen besser planen können. Dazu zählen unter anderem folgende
Aspekte:
- Offenere und transparentere Kommunikation zum Thema Benannte Stellen:
Wie ist der aktuelle Stand der Joint Audits? Wie viele Joint Audits
wurden mit welchen Ergebnissen durchgeführt, wie viele Benennungen sind
mit welchem "Scope" in den nächsten Monaten geplant?
- Offenere und transparentere Kommunikation zum Thema Eudamed
und der Entwicklung der einzelnen Module. Der bisherige "Rolling Plan"
ist zu vage. Es gibt in der MDR einige Pflichten von Marktakteuren wie
Herstellern oder Importeuren bzw. Händlern, die nicht eingehalten werden
können, sollte das System nicht oder nicht vollständig einsatzbereit
sein.
- Offenere und transparentere Kommunikation zum Thema Expert Panels. Wann werden die Expert Panels benannt und einsatzbereit sein?
Das Fazit von BVMed-Geschäftsführer Möll: "Die MedTech-Branche
unterstützt weiterhin die Ziele der MDR: mehr Patientensicherheit und
besserer Zugang zu medizintechnischen Innovationen. Die Unternehmen sind
bereit. Das Regulierungssystem ist es nicht. Wir brauchen von der
Europäischen Kommission vor Ablauf des Mandats geeignete EU-weite
Lösungen, um die Patientenversorgung und die mittelständische Struktur
der MedTech-Branche zu gewährleisten."
Um den BVMed-Mitgliedern im MDR-Umsetzungsprozess mit Rat und Tat zu
helfen, hat der Verband im April 2019 ein eigenes MDR-Referat gegründet.
Es wird geleitet von
Dr. Christina Zimmer, die in den
letzten sechs Jahren in der Medizinprodukte-Überwachung in Liechtenstein
gearbeitet hat. "Die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung MDR ist in der
MedTech-Branche aktuell die größte Herausforderung. Wir wollen
insbesondere unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen
Unterstützung bei der Erfüllung der gestiegenen Anforderungen durch die
MDR geben", so BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.