Dienstag, 9. Juli 2024

Neuer Irrsinn

Die Bundesregierung feilt offensichtlich an einem neuen Attentatsplan gegen die deutsche Industrie, der sogenannten Kreislaufwirtschafts-Strategie (NKWS). Ziel soll zirkuläres Wirtschaften und Ressourcenschonung sein und die entsprechenden Strategien müssen natürlich vorgegeben werden, denn der Staat irrt sich nie.

Mit der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie  orientiert sich die Bundesregierung am Leitbild der "Circular Economy", wie es auch dem "Aktionsplan der EU für die Kreislaufwirtschaft" zugrunde liegt. Der Begriff "Kreislaufwirtschaft" im Sinne des EU-Aktionsplans umfasst alle Phasen der Wertschöpfung – von der Produktgestaltung und Produktion bis hin zu Verbrauch, Reparatur, Abfallbewirtschaftung und sekundären Rohstoffen, die in die Wirtschaft zurückgeführt werden.

Spezifische Anforderungen aus der Gesundheitsversorgung wie sterile Einmalprodukte zum Infektionsschutz müssen bei der künftigen Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft berücksichtigt werden. Darauf weist der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) in seiner Stellungnahme zur Nationalen Kreislaufwirtschafts-Strategie (NKWS) hin. „Die in der NKWS vorgesehene Weiterentwicklung bestehender Regelungen für eine erweiterte Hersteller-Verantwortung sollte diese spezifischen Anforderungen an die Medizintechnik-Industrie, die sich aus der Versorgung von Patienten und dem Schutz des medizinischen Personals ergeben, berücksichtigen“, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Die ausführliche BVMed-Stellungnahme kann unter www.bvmed.de/positionen heruntergeladen werden.

Mittwoch, 19. Juni 2024

MDR: Was Berlin jetzt in Brüssel tun muss

© PhotoFunia
Eine Stunde lang beschäftigte sich der Gesundheitssauschuss des Bundestages bereits am 5. Juni mit der Medizinprodukte-Versorgung und der Frage, wie die EU-Medizinprodukte-Verordnung, kurz MDR, verbessert werden kann. Zum Nachschauen hier das Video in der Mediathek. Dr. Christina Ziegenberg vom BVMed verwies auf die vorliegenden Lösungsansätze zur Effizienzsteigerung, Reform des 5-jährigen Re-Zertifizierungszyklus, Ergänzung des derzeitigen Regulierungssystems oder zur Zentralisierung. Rechtsexperte Erik Vollebregt plädierte an die Bundespolitiker, die Gesetzesinitiative des deutschen Europaabgeordneten Peter Liese in Brüssel zu unterstützen. Er verwies auf das Problem, dass Innovationen häufig mit Förderprogrammen in Europa entstehen, die Einführung dann aber in den USA erfolge, das das dortige System schneller und vorhersehbarer sei – zum Nachteil der Patienten bei uns.

Fazit: Bundesregierung und Bundestag müssen bei der EU-Kommission auf substantielle Verbesserungen der MDR drängen, denn nur diese hat das Initiativrecht. Unser aktueller Lesetipp dazu: Ein ausführlicher ZEIT-Artikel spricht von einer „Katastrophe in Zeitlupe” und lässt alle Seiten zu Wort kommen. Jetzt sind schnelle Lösungen gefragt.  


Anmerkungen des Bloggers, eines mittelständischen Unternehmers der Medizintechnik-Branche: Bei uns häufen sich schon seit geraumer Zeit die Anfragen nach bestimmten Artikeln aus unserem Sortiment, die wir aufgrund der MDR (Rezertifizierung) nicht mehr liefern dürfen/können. Wir haben uns dafür entschieden, diese Artikel trotzdem, aber mit entsprechenden Anmerkungen auf unserer Webseite zu belassen. Möge es nutzen, den beval-med. ist nach wie vor für Sie da...

Medizinprodukte-Anhörung im Bundestag: „Berlin muss in Brüssel aktiv werden“

Berlin | Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) erwartet von der Bundesregierung eine aktive Rolle im Europäischen Rat und gegenüber der EU-Kommission zur Verbesserung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Die Defizite der MDR hätten dazu geführt, „dass MedTech-Innovationen immer unattraktiver werden und somit die Versorgung der Patient:innen in Europa gefährdet ist“, sagte die stellvertretende BVMed-Geschäftsführerin Dr. Christina Ziegenberg in der Anhörung des Antrags „Versorgung mit Medizinprodukten sicherstellen“ bereits am 5. Juni 2024 im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Als größter Mitgliedsstaat mit einer breiten Basis an mittelständischen MedTech-Unternehmen müsse die Bundesregierung darauf drängen, dass die neue EU-Kommission noch in diesem Jahr konkrete Lösungsvorschläge vorlegt. Die BVMed-Stellungnahme zur Anhörung kann unter www.bvmed.de/positionen abgerufen werden.

Der BVMed begrüßt in seiner Stellungnahme, dass sich der Gesundheitsausschuss des Bundestages mit der Versorgung mit Medizinprodukten befasst, um Lösungen für die aktuellen Probleme durch die MDR zu diskutieren. Dabei gehe es insbesondere darum, dass bewährte Bestandsprodukte dem europäischen Markt und damit in der Versorgung von Patient:innen verloren gehen. „Dies resultiert im Wesentlichen aus einem hohen Bürokratieaufwand, mangelnder Effizienz und Harmonisierung, einer fehlenden zentralen rechenschaftspflichtigen Aufsicht sowie aufgrund des Fehlens eines beschleunigten Verfahrens für Innovationen und Regelungen für Produkte mit kleinem Anwendungsbereich“, analysiert der deutsche MedTech-Verband. Der BVMed schlägt – in Anlehnung an das von BVMed und VDGH vorgelegte MDR/IVDR-Whitepaper (www.bvmed.de/whitepaper) – fünf konkrete Maßnahmen vor:

1. Effizienzsteigerung
Der Übergang von den vorherigen Richtlinien zur MDR verläuft nach wie vor schleppend. Aktuelle Zahlen zeigen, dass noch nicht einmal ein Drittel aller nötigen Zertifikate in die MDR überführt wurden. Mittlerweile sind bei den Benannten Stellen ausreichend personelle Kapazitäten vorhanden. Nun müssen sie effizienter eingesetzt werden. Dazu gehört die Abschaffung bürokratischer Überregulierung, beispielsweise durch die Vermeidung von redundanten Prüfungen und die Einführung digitaler Lösungen.

2. Reform des 5-jährigen Re-Zertifizierungszyklus
Der Lebenszyklus-Ansatz der MDR erhöht die Sicherheit durch kontinuierliche Überwachung in jährlichen Audits und Aktualisierung sowie Überprüfung aller relevanten Inhalte und der Nutzen-Risko-Abwägung. Verschiedene Pflichtberichte werden durch die Benannten Stellen engmaschig überwacht. Die Re-Zertifizierung alle 5 Jahre beinhaltet daher keine neuen Prüfinhalte und kann vor diesem Hintergrund für alle Produktklassen abgeschafft werden – zumal Benannte Stellen jederzeit die Möglichkeit haben, ein Zertifikat zurückzuziehen.

3. Ergänzung des derzeitigen Regulierungssystems
In vielen Rechtssystemen existieren Fast-Track-Verfahren (beschleunigte Verfahren) für innovative Produkte sowie Spezialverfahren für sogenannte Orphan Devices und/oder für Nischenprodukte mit nachgewiesener Erfolgsbilanz, bei denen das Standardverfahren für die Konformitätsbewertung aufgrund mangelnder klinischer Nachweise nicht durchführbar ist. Solche Regelungen müssen auch im MDR-System geschaffen werden.

4. Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit
Das europäische System mit der CE-Kennzeichnung hat durch die MDR und die damit einhergehenden Probleme massiv an Reputation verloren. Die exportstarke Industrie steht deswegen vor erheblichen Herausforderungen und Zusatzaufwänden. Wir brauchen eine verstärkte Einbindung der EU in das MDSAP-Programm für Qualitäts-Management-Systeme und spezifische gegenseitige Anerkennungen (MRA) ein.

5. Zentralisierung
Im jetzigen System gibt es unterschiedliche Verantwortlichkeiten für Produkte, Zertifizierungsverfahren, Benannte Stellen oder die Erstellung von Leitlinien. Die Einrichtung einer zentralen, rechenschaftspflichtigen und verantwortlichen Verwaltungsstruktur für Medizinprodukte mit Entscheidungsfähigkeit auf Systemebene hätte bedeutende Vorteile gegenüber dem derzeitigen System der MDR. Insbesondere in Verbindung mit einer konsequenten Anwendung der Grundsätze guter Verwaltungspraxis.

„Wir müssen gemeinsam mit allen Beteiligten die Patient:innen-Versorgung sicherstellen und Europa wieder zu einem wettbewerbsfähigen MedTech-Standort machen. Wir müssen überzogene Strukturen aufbrechen und gute regulatorische Rahmenbedingungen schaffen“, so BVMed-Expertin Dr. Christina Ziegenberg.
 

 

Der BVMed repräsentiert mehr als 300 Hersteller und Zulieferer der Medizintechnik-Branche, Hilfsmittel-Leistungserbringer und Homecare-Versorger sowie den medizinischen Fach- und Großhandel. Die MedTech-Branche (Hersteller inkl. Kleinstunternehmen) beschäftigt in Deutschland insgesamt rund 265.000 Menschen und erwirtschaftet einen Gesamtumsatz von 55 Mrd. Euro. Nach der Wirtschaftsstatistik gibt es 1.480 MedTech-Hersteller mit mehr als 20 Beschäftigten, die über 161.000 Mitarbeiter und einen Gesamtumsatz von über 40 Milliarden Euro haben. 68 Prozent des MedTech-Umsatzes werden im Export erzielt. Rund 9 Prozent des Umsatzes werden in Forschung und Entwicklung investiert. 93 Prozent dieser Unternehmen sind KMU. Der BVMed ist die Stimme der deutschen MedTech-Branche und vor allem des MedTech-Mittelstandes.

Initiative zur MDR

 Berlin/Brüssel | Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) bezeichnet die von verschiedenen Medien aufgegriffene Gesetzesinitiative des Europaabgeordneten Dr. Peter Liese als „ungewöhnlichen und wichtigen Schritt zur Verbesserung der überbürokratischen und praxisuntauglichen EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR)“. Dass sich der Arzt und Medizinprodukte-Experte Liese mit einem eigenen Gesetzesvorschlag an die Europäische Kommission wende, „zeigt die Dramatik der negativen Auswirkungen auf die Patient:innen-Versorgung und die Notwendigkeit, direkt nach der Europawahl Lösungen im Dreiklang Kommission, Parlament und Rat zu erarbeiten“, kommentiert BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll. Unter anderem hatten der Tagesspiegel, der Observer Gesundheit und der Branchendienst Medtech Insight berichtet.

Die Gesetzesinitiative des EU-Parlamentariers sieht unter anderem die Abschaffung der Rezertifizierung für Medizinprodukte der Klassen IIa und IIb (nicht implantierbar) sowie eine Verlängerung der Gültigkeit der MDR-Zertifikate auf 10 Jahre für Produkte der Klassen IIb (Implantate) und III vor. Der BVMed setzt sich für die Abschaffung der Rezertifizierung für alle Medizinprodukte ein, „denn gerade Produkte der Klassen IIb und III unterliegen umfassenden Berichtspflichten, die durch die Benannten Stellen engmaschig überprüft werden“, so Möll. Die Rezertifizierung erzeuge daher lediglich unnötige Bürokratie und Kosten. Darüber hinaus könne die Benannte Stelle bei Bedenken gegen ein Produkt das entsprechende Zertifikat jederzeit suspendieren.

Diskussionswürdig findet der BVMed den Vorschlag, ein „Europäisches Büro für Medizinprodukte“ (European Medical Devices Office) als Teil der Verwaltungsstruktur in der EU-Kommission anzusiedeln. Es sei richtig, eine zentrale rechenschaftspflichtige Verwaltungsstruktur zur Harmonisierung einzuführen: „Wir brauchen mehr Harmonisierung durch Zentralisierung“, so Möll. Dies habe der BVMed auch schon in seinem MDR-Whitepaper vorgeschlagen. Wo die Stelle angesiedelt und wie sie ausgestaltet werde, müsse ergebnisoffen diskutiert werden.

Positiv bewertet der BVMed die vorgeschlagenen Sonderverfahren für „Orphan Devices“ und innovative Produkte sowie die bessere Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), beispielsweise durch niedrigere Zertifizierungsgebühren und die Einrichtung eines KMU-Büros. 93 Prozent der MedTech-Unternehmen seien KMU – und somit das Herzstück der innovativen Branche, so Möll.

„Die Initiative kommt zur richtigen Zeit, damit wir nach der Europawahl keine unnötige Zeit verlieren. Wir müssen gemeinsam mit allen Beteiligten Europa wieder zu einem wettbewerbsfähigen MedTech-Standort machen. Wir müssen überzogene Strukturen aufbrechen und gute regulatorische Rahmenbedingungen schaffen“, so BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll.

Zum Hintergrund

Insgesamt sieht die 40 Seiten starke Gesetzesinitiative Lieses unter anderem folgende Maßnahmen vor:

    Abschaffung der Rezertifizierung für Produkte für die Risikoklassen IIa und IIb (nicht implantierbar);
    Verlängerung der Gültigkeit der Zertifikate auf 10 Jahre für Produkte der Klassen IIb (Implantate) und III;
    Sonderverfahren für Orphan Devices und innovative Produkte und spezifische wissenschaftliche Beratung in einem strukturierten Dialog vor der Antragseinreichung;
    Reformierung der Berichtspflichten (PSUR und SSCP); Abschaffung der verpflichtenden Aktualisierung, es sei denn, sie wird durch wesentliche Änderungen ausgelöst;
    Unterstützung für KMU (niedrigere Gebühren, KMU-Büro);
    Zentralisierte Notifizierung und Aufsicht der Benannten Stellen;
    Harmonisierte/standardisierte Anforderungen für Benannte Stellen insbesondere über die Einhaltung der Guten Verwaltungspraxis und Kostenkontrolle;
    Rechtsbehelfe für Unternehmen;
    neues „Europäisches Büro für Medizinprodukte“ (European Medical Devices Office) als Teil der Verwaltungsstruktur in der EU-Kommission;
    Zuständigkeit der EU-Ombudsperson für Fragen zu Medizinprodukten.

 

EU-Medizinprodukteverordnung muss von grundauf geändert werden

Das EU-Parlament hat beriets Mitte April 2024 eine Änderungsverordnung der europäischen Medizinprodukte-Verordnungen MDR und IVDR verabschiedet. Wieder einmal. Dabei fielen deutliche Worte der Kritik an den praxisuntauglichen und bürokratischen Regelungen. Wieder einmal. Die Forderungen einiger weniger deutscher EU-Abgeordneten hatten in ihrer Deutlichkeit aber schon eine neue Qualität: Die MDR müsse dringend und "von Grund auf" reformiert werden. Es brauche "mehr Tempo bei der Behebung der Probleme". Es gehe darum, Leben zu retten. Und: "Wir brauchen in den nächsten Monaten einen sehr großen Schritt." Mit der EUWEahl am 9. Juni ist die EU-Kommission gefordert! Die neue EU-Kommission darf bei diesem dringlichen Problem keine weitere Zeit verlieren. 

Angelika Niebler (CSU), Co-Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe und Vorsitzende der CSU-Europagruppe: „Bei Medizinprodukteherstellern findet ein stilles Sterben statt. Bereits jetzt fehlen in Kliniken lebensrettende Medizinprodukte. Es darf nicht sein, dass ausgerechnet in Europa Patienten nicht versorgt werden können. Wir brauchen deshalb jetzt dringend mehr Tempo bei der Behebung der Probleme mit der Medizinprodukteverordnung. Es geht darum, Leben zu retten." Und Peter Liese (CDU), gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion erklärte:

„Es ist extrem wichtig, dass die Kommission erklärt hat, die Medizinprodukteverordnung substantiell zu ändern. Die Verordnung war notwendig, um zukünftige Skandale zu verhindern, aber die EU-Institutionen sind über das Ziel hinausgeschossen. Wir brauchen dringend eine Entbürokratisierung ohne Abstriche bei der Sicherheit. Sonst sind Menschenleben, zum Beispiel durch die Knappheit von Herzkathetern für Kinder gefährdet. Die Verschiebung der Fristen heute war nur ein kleiner Schritt. Wir brauchen in den nächsten Monaten einen sehr großen Schritt.“

Quelle: Pressemeldung der CDU/CSU-Gruppe in der EVP-Fraktion vom 25. April 2024

Montag, 29. Januar 2024

BVMed begrüßt vorgezogene MDR-Evaluation | Vorgesehene Meldepflicht „praxisnah ausgestalten

Berlin | Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) begrüßt das Vorhaben der EU-Kommission, bereits in diesem Jahr mit der Evaluation der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) zu beginnen. Das geht aus dem Vorschlag zur dritten MDR-Änderungsverordnung hervor, den die Kommission in dieser Woche vorlegte. Der BVMed unterstützt auch die darin enthaltene Fristverlängerung für IVD-Richtlinienzertifikate sowie die Verpflichtung zur frühzeitigen Anwendung einzelner Module der EUDAMED-Datenbank, um negative Folgen für die Patienten-Versorgung abzuwenden. Kritisch betrachtet der BVMed allerdings die vorgesehene Meldepflicht über mögliche Versorgungsengpässe von Medizinprodukten für Hersteller oder Bevollmächtigte. „Diese Regelung muss noch gründlich diskutiert und praxisnah ausgestaltet werden“, so die stellvertretende BVMed-Geschäftsführerin und Regulatory-Expertin Dr. Christina Ziegenberg. (weiterlesen ...)

Dienstag, 23. Januar 2024

Kurskorrektur dringend nötig

NicoLeHe  / pixelio.de
Die für vergangenen Donnerstag angesetzte Bundestagsdebatte zur gefährdeten Versorgung mit Medizinprodukten wurde kurzfristig abgesetzt. Sie muss schnellstmöglich nachgeholt werden. Denn die Auswirkungen des überzogenen regulatorischen Rahmens für Medizinprodukte (MDR) auf die Versorgung und den Standort Deutschland sind virulent. Eine schnelle Kurskorrektur ist „dringend nötig“, schrieb Katrin Pribyl in einem Kommentar der ÄrzteZeitung. Im Fall der MDR sei „gut gemeint nicht immer gut gemacht“. 
Wir brauchen einen Mix aus nationalen und europäischen sowie kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen. Eine abgestimmte MedTech-Strategie. Sonderregelungen für innovative Produkte, Orphan Devices und Nischenprodukte. Eine Weiterentwicklung der MDR. 

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Mittwoch, 17. Januar 2024

BVMed: „Medizinprodukte-Engpässe abwenden und Lösungen vorantreiben“

Berlin | Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) fordert vor dem Hintergrund des von der Unionsfraktion im Bundestag eingebrachten Antrages zur Sicherstellung der Versorgung mit Medizinprodukten und dem Forderungskatalog der EVP-Fraktion im Europaparlament zur Änderung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) eine rasche Einigung auf einen Maßnahmenkatalog, um negative Folgen für die Patientenversorgung abzuwenden und den Medizintechnik-Standort Deutschland zu stärken.

„Es ist gut, dass sich nach den Südschienen-Bundesländern nun auch der Deutsche Bundestag mit der Sicherstellung der Versorgung mit Medizinprodukten beschäftigt und die EVP-Fraktion im Europaparlament in der vergangenen Woche einen Forderungskatalog zur Weiterentwicklung der MDR vorgelegt hat“, bewertet BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll die aktuelle Entwicklung. Die für den 18. Januar 2024 vorgesehene Bundestagsdebatte, die kurzfristig verschoben wurde, sollte schnellstmöglich nachgeholt werden, so der BVMed.

Hintergrund ist, dass die MDR aufgrund langwieriger und kostenintensiver Zertifizierungsprozesse dazu führt, dass immer mehr Medizinprodukte vom Markt genommen werden. Gleichzeitig wird der Innovationsstandort Deutschland empfindlich geschwächt. „Die Suche nach zeitnahen Lösungen für die Versorgungsengpässe und Standortnachteile nimmt nun deutlich an Fahrt auf“, so Möll.

Der BVMed hatte im Herbst 2023 gemeinsam mit dem Verband der Diagnostika-Industrie (VDGH) eine umfangreiche Problemanalyse und detaillierte Lösungsansätze zur strukturellen Weiterentwicklung des regulatorischen Systems in einem MDR/IVDR-Whitepaper (www.bvmed.de/whitepaper) vorgelegt. Notwendig sind aus Sicht des BVMed nun vor allem folgende Schritte:

1. Eine zwischen den relevanten Ressorts wie Gesundheit, Wirtschaft und Forschung abgestimmte MedTech-Strategie, die die Situation des Medizintechnik-Standorts Deutschland im internationalen Wettbewerb analysiert, bewertet und geeignete Maßnahmen für seine Stärkung einleitet.
 

Dabei muss es das Ziel sein, mit innovationsfreundlicheren Rahmenbedingungen den Rückstand insbesondere zum US-amerikanischen System aufzuholen und die Medizintechnik als Leitmarkt für Arbeitsplätze und Innovationen in Deutschland zu etablieren.
Ein weiteres Ziel muss die Stärkung der Resilienz des deutschen Gesundheitssystems und der Lieferketten sein. Dazu gehört eine bessere Einbeziehung der MedTech-Branche in die Erarbeitung von Lösungen, denn Resilienz erfordert eine enge Kooperation von Politik und Industrie.


2. Ergänzung des derzeitigen Regulierungssystems durch Sonderregelungen analog zu anderen Rechtsbereichen für innovative Produkte, Orphan Devices (Medizinprodukte, die bei seltenen Erkrankungen zum Einsatz kommen) sowie Nischenprodukte (die aus anderen Gründen sehr selten angewandt werden). Als Vorbild sollten beispielsweise die Verfahren des „Breakthrough Devices Program“ oder des „Humanitarian Use Device Designation Program“ der FDA/USA dienen.

3. Die Weiterentwicklung der MDR im Rahmen einer vorgezogenen Evaluation der Schwächen des Regulierungssystems auf EU-Ebene. Zu den erforderlichen Maßnahmen gehören aus Sicht des BVMed:

    Abschaffung der Rezertifizierung für alle Medizinprodukte – nicht nur für Produkte niedriger Risikoklassen, denn gerade Produkte der Klassen IIb und III unterliegen umfassenden Berichtspflichten. Zudem weisen die Berichte (PSUR, SSCP, CER etc.), die im Zuge des Lebenszyklusansatzes der MDR vom Hersteller stets auf aktuellem Stand zu halten sind und durch die Benannten Stellen engmaschig (jährlich oder zwei-jährlich) überprüft werden, für eine Rezertifizierung nach 5 Jahren keine neuen Prüfungsinhalte auf und erzeugen lediglich unnötige Bürokratie und Kosten. Darüber hinaus kann die Benannte Stelle bei Bedenken gegen ein Produkt das entsprechende Zertifikat jederzeit suspendieren. 

     Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz und Vorhersehbarkeit der Konformitätsbewertungsverfahren in Bezug auf Dauer und Kosten, beispielsweise durch die Abschaffung der administrativen Überregulierung bei Herstellern und Benannten Stellen.
    

     Etablierung wirksamer Rechtsmittel zur Überprüfung strittiger Marktzugangsentscheidungen.
     Zentralisierung der Verantwortung und Kompetenzen innerhalb des Regulierungssystems sowie   

    Harmonisierung der MDR-Anwendung durch eine europaweite zentrale Regierungsstruktur und  Erreichung einer Entscheidungsfähigkeit auf Systemebene.
    

     Weiterer Ausbau digitaler Prozesse, um den Verwaltungsaufwand zu verringern und den weiteren Marktzugang in der EU zu gewährleisten.


Dr. Marc-Pierre Möll: „Die Diskussion ist eröffnet. Für den Standort Deutschland steht dabei viel auf dem Spiel, denn die Medizintechnik ist Innovationstreiber, Jobmotor und Exportweltmeister. Allein in Deutschland hat die Medizintechnik über 250.000 Beschäftigte und bietet 13.000 Ausbildungsplätze. 93 Prozent der MedTech-Unternehmen sind KMU. 67 Prozent des Umsatzes gehen in den Export. Nur mit einer besseren und international wettbewerbsfähigen MDR in Kombination mit einer innovations- und produktionsorientierten Standortpolitik können wir die Versorgung mit Medizinprodukten dauerhaft sicherstellen.“ 

V.i.S.d.P.:
Manfred C. Beeres
Leiter Kommunikation | Pressesprecher
BVMed | Bundesverband Medizintechnologie e.V.
Reinhardtstr. 29 b | 10117 Berlin
T +49 30 246 255-20 | M +49 172 615 7426

Montag, 15. Januar 2024

Versorgung mit Medizinprodukten sichern

In dieser Woche beschäftigt sich der Deutsche Bundestag in einer von der Unionsfraktion beantragten Debatte mit der Sicherstellung der Medizinprodukte-Versorgung und den negativen Folgen der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Die Debatte wird am Donnerstag, 18. Januar, voraussichtlich ab 15.25 Uhr . Die Union fordert in ihrem Antrag unter anderem eine zügigere Zertifizierung, Bürokratieabbau bei der technischen Dokumentation sowie die Abschaffung der fünfjährigen Rezertifizierung insbesondere für Produktklassen mit niedrigerem Risiko.

Die Suche nach raschen Lösungen für die MDR-Problematik nimmt also Fahrt auf! .... (weiterlesen!

 

Anmerkung:  Der Antrag der CDU/ CSU im Bundestag benennt immerhin konkret die zentralen Fehlentwicklungen und damit verbundenen wirtschaftspolitischen Risiken für den Standort Deutschland infolge der Medical Device Regulation (MDR). Verwiesen wird dabei auch auf Kapazitätsengpässe bei den sogenannten Benannten Stellen sowie die gestiegene durchschnittliche Dauer der Zertifizierung von rund 18 Monaten bzw. damit verbunden stark gestiegene Kosten im Vergleich zum Inverkehrbringen nach der alten Richtlinie. 

Wir sollten dabei allerdings nicht vergessen, dass die gegenwärtige Misere aus Zeiten der Regierung Merkel (CDU) resultiert.

Dienstag, 9. Januar 2024

Hersteller ziehen ernüchternde MDR-Bilanz

"Steigende Kosten, fehlende Medizinprodukte, schwindende Innovationskraft: Eine neue Umfrage von Medical Mountains, Spectaris und der DIHK zieht eine ernüchternde Bilanz der deutschen Medizinprodukte-Hersteller nach zwei Jahren MDR-Geltung. In mehr als jedem zweiten Produktportfolio werden Produkte vom Markt genommen.

In einer gemeinsamen Befragung von Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK), Medical Mountains GmbH und Industrieverband Spectaris äußerten sich fast 400 Unternehmen zu den Auswirkungen der MDR: Drei Viertel von ihnen verzeichnen negative Auswirkungen auf ihre Innovationstätigkeit, in mehr als jedem zweiten Produktportfolio werden einzelne Produkte, oder komplette Produktionen und Sortimente vom Markt genommen.

Ob chirurgische Instrumente, Herzkatheter für Neugeborene oder Notfallbeatmungsgeräte: Nach zwei Jahren seit der Einführung der Medizinprodukteverordnung (engl. Medical Device Regulation, MDR) ziehen deutsche Hersteller eine ernüchternde Bilanz. In einer gemeinsamen Befragung von Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK), Medical Mountains GmbH und Industrieverband Spectaris äußerten sich fast 400 Unternehmen zu den Auswirkungen der MDR. Die MDR, so das Ergebnis, führe dazu, dass bereits heute schon viele Medizinprodukte vom Markt genommen werden – und bis 2027 drohen zahlreiche weitere zu verschwinden... " (weiterlesen)

Auch wir mussten schon Ende 2023 unser Sortiment einschränken. Bestimmte Geräte wie z.B. kleine Kauter für den Augen-OP, verursachen bei einer Neuzertifizierung nach MDR immensen Zeit- und enormen Verwaltungsaufwand. Damit entstehen stark erhöhte Produktkosten, die sich im Endverbraucherpreis niederschlagen müssten und sich niemals amortisieren.