Montag, 30. November 2015

Experten fordern Änderungen am Korruptions-Bekämpfungsgesetz

Dieter Schütz  / pixelio.de
Berlin | Die Regelungen des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen sind zu unscharf und grenzen zulässige Kooperationen zwischen Unternehmen und medizinischen Einrichtungen nicht klar genug ab. Das meinten der Leipziger Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hendrik Schneider und die stellvertretende BVMed-Vorstandsvorsitzende Christiane Döring auf der 7. BVMed-Healthcare Compliance-Konferenz am 19. November 2015 in Berlin. Schneider kritisierte, dass die "Grenzen des straftatsbestandlichen Verhaltens" bei Verstößen gegen berufsrechtliche Pflichten  nicht klar seien. Döring forderte, die zweite Tatbestandsalternative, die an die berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit anknüpft, ersatzlos zu streichen. Zudem dürften politisch gewollte Kooperationen im Interesse des Patienten nicht dadurch behindert werden, dass sie unter Generalverdacht geraten.

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Die Schwächen des MedTech-Standorts Deutschland


Größte Schwächen des MedTech-Standorts Deutschland sind der Preisdruck durch Einkaufsgemeinschaften, die innovationsfeindliche Politik der Krankenkassen und niedrige Erstattungspreise.

Samstag, 28. November 2015

Grafik der Woche: Stärken des MedTech-Standorts Deutschland

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MdB Luczak beim BVMed: "Wir wollen notwendige Kooperationen nicht behindern"

Berlin | Der Gesetzgeber will mit dem "Gesetz zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen" notwendige und politisch gewünschte Kooperationen nicht behindern. Das stellte der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Jan-Marco Luczak, Stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag, auf dem BVMed-Gesprächskreis Gesundheit am 11. November 2015 in Berlin klar. Das Bundeskabinett hatte den Gesetzentwurf im Juli 2015 beschlossen. Die Expertenanhörung findet Anfang Dezember 2015 statt.

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Neue BVMed-Reportage blickt hinter die Kulissen der klinischen Studien

Berlin | Der Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, blickt im zweiten Teil seiner Reportageserie zur Medizinprodukte-Entwicklung "von der Idee bis zum Patienten" hinter die Kulissen der klinischen Studien. Porträtiert wird der Herzchirurg und Geschäftsführer des BVMed-Mitglieds Berlin Heart, Dr. Ares Menon. Das Unternehmen entwickelt Herzunterstützungssysteme. Pro Jahr laufen bis zu fünf klinische Studien. In Zusammenarbeit mit Chirurgen aus zahlreichen Herzzentren weltweit wird dabei nicht nur überprüft, ob die Hightech-Pumpen sicher in der klinischen Anwendung sind, sondern auch, wie sie den Patienten konkret helfen. "Mit dem Blick hinter die Kulissen der MedTech-Produktentwicklung wollen wir die Motivation der Menschen in der Branche und die vielfältigen Anstrengungen der Unternehmen für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung aufzeigen", so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt. Die Artikel sind abrufbar unter www.bvmed.de/reportagen (http://www.bvmed.de/de/bvmed/presse/reportagen).

19 Jahre lang hat Dr. Ares Menon als Herzchirurg gearbeitet. Seit 2014 ist der 50-Jährige einer von zwei Geschäftsführern bei Berlin Heart. "Für mich ist das Spannende, dass ich mit meiner praktischen Erfahrung nun medizintechnischen Fortschritt mitgestalten kann", sagt Menon. Das Medizintechnik-Unternehmen gehört zu den mittelständischen Mitgliedsunternehmen des BVMed, die innovative Lösungen für Herzpatienten entwickeln. Das Berliner Unternehmen mit derzeit 235 Mitarbeitern setzt dabei auf sogenannte Herz-Unterstützungssysteme (Ventricular Assist Devices – VADs) für schwerkranke Erwachsene und Kinder, die dringend ein Spenderorgan benötigen oder dauerhaft unterstützt werden müssen. "VAD-Geräte sind für solche Patienten oft die letzte Rettung", sagt Menon mit Blick auf die aktuellen Transplantationsstatistiken.

 Im Schnitt vergehen sieben bis zehn Jahre, bis ein neues Herzunterstützungsgerät den Weg von der ersten Zeichnung bis zum Patienten geschafft hat. Das liegt auch daran, dass der Gesetzgeber im Zulassungsprozess hohe Anforderungen an Produkte stellt, die in den Körper eines Patienten implantiert werden. Da solche aktiven implantierbaren Medizinprodukte zur höchsten Risikoklasse gehören, müssen sie ihre Sicherheit und ihren Nutzen für den Patienten in klinischen Studien umfassend unter Beweis stellen, bevor sie eine CE-Kennzeichnung erhalten. Zudem ist das Unternehmen international tätig, weshalb mehrere solcher Zulassungsstudien erfolgreich absolviert werden müssen. Denn: Eine Zulassung in Europa bedeutet nicht, dass das Produkt etwa in den USA oder Japan eingesetzt werden darf. In diesen Ländern sind separate Zulassungsstudien erforderlich. Die Kosten für solche Studien können leicht 5 Millionen Euro überschreiten. "Für unsere Produkte gelten somit die allerhöchsten Sicherheits- und Qualitätsstandards der Branche", betont Menon.

Allein bei Berlin Heart laufen bis zu fünf klinische Studien und Nachbeobachtungen pro Jahr. Je nach Land sind die Anforderungen an klinische Studien unterschiedlich hoch. In Deutschland muss beispielsweise eine Ethikkommission zustimmen, welche Studie wo und mit wem durchgeführt werden kann. Der von den Firmen aufgestellte Studienplan muss zudem vom zuständigen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und genehmigt werden. Als Mediziner weiß Menon, dass es hier besonders auf das geeignete Studiendesign ankommt. Ein entscheidender Faktor ist dabei die Größe der Patientengruppe. Bei manchen Studien genügen 48, in anderen Fällen sind bis zu 300 Patienten nötig. Menon: "Für uns sind in jedem Fall harte Endpunkte maßgeblich." In erster Linie bedeutet das: Haben die Patienten mit den Geräten einen klaren Überlebensvorteil? Die Berliner konnten hier in der Vergangenheit vor allem bei der Versorgung von Kindern deutliche Verbesserungen belegen. "Aber auch nach der Marktzulassung fordern die Behörden umfassende Studien, damit eine sogenannte Anwendungsbeobachtung der Geräte sichergestellt ist", hebt Menon hervor.

Bei Berlin Heart koordiniert er daher zwei Kompetenzteams. Eines besteht aus sechs erfahrenen Praktikern, die den Chirurgen vor Ort zur Seite stehen, diese schult und die Behandlung der kleinen und großen Patienten in den Kliniken begleitet. Das andere Team kümmert sich wiederum um das Studiendesign, die Zusammenarbeit mit den klinischen Zentren und unterstützt sie bei der statistischen Auswertung der Daten. Menon ist überzeugt, dass sich der Aufwand am Ende lohnt – vor allem für die Patienten: "Dass wir Menschen und insbesondere Kindern in hochemotionalen Situationen helfen können, treibt uns alle an." Alle Artikel und Materialien zur BVMed-Reportageserie "Von der Idee zum Patienten" sind abrufbar unter www.bvmed.de/reportagen (http://www.bvmed.de/de/bvmed/presse/reportagen).

BVMed legt Branchenempfehlung für logistische Standardprozesse vor

Berlin | Der Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, hat eine Branchenempfehlung mit detaillierten Anforderungen an logistische Standardprozesse vorgelegt, um die unterschiedlichen Anforderungen im Waren- und Logistikprozess mit den medizinischen Einrichtungen abzustimmen. Ziel der Branchenempfehlung "Logistische Standardprozesse – Anforderungen an logistische Abläufe" ist es, qualitative und effiziente Prozesse zwischen Industrie und medizinischen Versorgern zu etablieren, wie es in anderen Branchen bereits üblich ist.

Die Branchenempfehlung kann unter www.bvmed.de/branchenpapiere (http://www.bvmed.de/download/branchenempfehlung-logistische-standardprozesse) abgerufen werden.

Die vom "Arbeitskreis Krankenhausmarkt" des BVMed erarbeitete Branchenempfehlung basiert auf Erkenntnissen der Transportlogistik, dem vom Wirtschaftsministerium geförderten Projekt "Standards zur Unterstützung von eCommerce im Gesundheitswesen" sowie den Branchenempfehlungen des Forums "eStandards" im BVMed zur Interoperabilität von Datenströmen. In der deutschen Gesundheitswirtschaft erhält die Warenlogistik neben den Beschaffungsprozessen einen immer höheren Stellenwert, um durch abgestimmte Standards Prozesse zu optimieren.

Um geeignete Maßnahmen auf der Lieferantenseite einzuleiten, hat der BVMed-Arbeitskreis die Abläufe in der Warenlogistik vom Auftragseingang bis zur Rechnungsstellung ("Order to Cash") analysiert, visualisiert und bewertet. Durch die Visualisierung von Prozessen innerhalb der Warenströme konnten unterschiedliche Medienbrüche als Störfaktoren identifiziert werden. Ziel der Brancheninitiative ist es, gemeinsame Standards auf Seiten der Industrie und der medizinischen Einrichtungen umzusetzen. Der BVMed sieht dabei die bereits vereinbarten GS1-Datenstandards als optimalen Rahmen an. Diese Standards müssen in allen Systemen gleichermaßen Anwendung finden, um eine optimale Interoperabilität sicherzustellen.

Ein wichtiger Schritt ist dabei die eingeleitete Kooperation mit den Dienstleistern für Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP-Dienstleistungen), die eine Unterstützung der GS1-Standards auch in der Transportlogistik zugesagt haben. Basis für fehlerfreie und über die Grenzen der Transportlogistik hinausgehende Prozesse sind aus Sicht der BVMed-Experten qualitative und valide Stammdaten, verbunden mit der kontinuierlichen Synchronisation zwischen Industrie und medizinischen Einrichtungen. Die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Stammdaten müssen die Wege in die ERP-Systeme der medizinischen Einrichtungen finden. "Wir benötigen eine prozessuale Zusammenarbeit", so die Experten des Arbeitskreises Krankenhausmarkt.

BVMed veröffentlicht Informationspaket zum Umgang mit Medizinprodukte-Retouren

Berlin | Der Bundesverband Medizintechnologie, BVMed, hat ein Informationspaket zum Umgang mit Medizinprodukte-Retouren veröffentlicht. Es enthält Informationen, Handlungsempfehlungen und Muster-Verfahrensanweisungen für die Verantwortlichen in Unternehmen und medizinischen Einrichtungen. Ziel ist es, Arbeitgeber bei den erforderlichen Arbeitsschutz-Maßnahmen zu unterstützen, so BVMed-Expertin Elke Vogt.

Der Umgang mit Medizinprodukte-Retouren ist eine Herausforderung. Ob die Produkte aufgrund einer Reklamation oder eines Reparaturwunsches zurück geschickt werden: Die Rückwaren können mit ansteckungsgefährlichen Biostoffen oder Gefahrstoffen kontaminiert sein und die Mitarbeiter gefährden, die damit in Berührung kommen. Aus diesem Grund wurde im BVMed ein Retouren-Informationspaket entwickelt. Die BVMed-Broschüre "Retouren in medizinischen Einrichtungen" richtet sich an die Verantwortlichen in den medizinischen Einrichtungen und enthält kompakte Informationen zu Beurteilung, Behandlung, Verpackung und Transport medizinischer Rückwaren. Außerdem liegt eine Muster-Verfahrensanweisung vor. Sie richtet sich an die Verantwortlichen in den Unternehmen und sollte an die individuelle Firmensituation angepasst werden. Weitere Informationen: vogt@bvmed.de (vogt@bvmed.de).

Freitag, 20. November 2015

Experten fordern Änderungen am Korruptions-Bekämpfungsgesetz Healthcare Compliance-Konferenz des BVMed

Berlin | Die Regelungen des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen sind zu unscharf und grenzen zulässige Kooperationen zwischen Unternehmen und medizinischen Einrichtungen nicht klar genug ab. Das meinten der Leipziger Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hendrik Schneider und die stellvertretende BVMed-Vorstandsvorsitzende Christiane Döring auf der 7. BVMed-Healthcare Compliance-Konferenz vor rund 150 Teilnehmern am 19. November 2015 in Berlin. Schneider kritisierte, dass die "Grenzen des straftatsbestandlichen Verhaltens" bei Verstößen gegen berufsrechtliche Pflichten nicht klar seien. "Die Regelung ist kernprägnant, aber nicht trennscharf." Döring forderte, die zweite Tatbestandsalternative, die an die berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit anknüpft, ersatzlos zu streichen. Die GHD-Geschäftsführerin wies ebenso wie B. Braun-Vertreter Carsten Clausen darauf hin, dass die Berufsordnungen der Heilberufsträger auf Länderebene sehr unterschiedlich seien. Döring wies darauf hin, dass in der Homecare-Hilfsmittelversorgung eine enge Kooperation, Abstimmung und Koordination der Versorgung, auch mit den sogenannten Heilberufsträgern, aus Patientensicht unverzichtbar sei. Ihr Plädoyer: "Politisch gewollte Kooperationen im Interesse des Patienten dürfen nicht dadurch behindert werden, dass sie unter Generalverdacht geraten."
 
Der hessische Oberstaatsanwalt Alexander Badle relativierte die Sorgen der Unternehmen. Die neuen Strafrechtsparagrafen enthielten keine neuen Verbote, sondern eine neue Sanktionsschärfe. Wettbewerbswidriges und sozialrechtswidriges Verhalten sowie Verstöße gegen das Berufsrecht könnten künftig Anknüpfungspunkt für eine Straftat sein. "Umso wichtiger ist es, sich an die Vorgaben zu halten und nicht nach Umgehungsstrategien zu suchen", so Badle. Er empfahl den Unternehmen, sich an die BVMed-Verhaltensregeln aus dem "Kodex Medizinprodukte" (www.bvmed.de/compliance) (http://www.bvmed.de/de/recht/healthcare-compliance) zu halten, die "effektiv und effizient schützen" und helfen, "Compliance zu leben".

Die Zusammenarbeit von Industrie und medizinischen Einrichtungen ist für den medizintechnischen Fortschritt sowie für die sichere Anwendung von Medizinprodukten notwendig und auch politisch gewünscht, verdeutlichte Joachim M. Schmitt, BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied, in seiner Einführungsrede. Die Zusammenarbeit sei aber strafrechtlich risikobehaftet. Oberstes Ziel sei deshalb, zu vermeiden, in Korruptionsverdacht zu geraten. Deshalb verfolge der BVMed mit der Aufklärungskampagne "MedTech Kompass" (www.medtech-kompass.de) (http://www.medtech-kompass.de) einen positiven Informationsansatz, um die Prinzipien einer guten und transparenten Zusammenarbeit bekannter zu machen. Da die Gesetzestexte oft nicht einfach zu verstehen seien, habe der BVMed bereits 1997 den "Kodex Medizinprodukte" mit praktischen Handlungsempfehlungen erarbeitet und 2006 gemeinsam mit dem Verband der Krankenhausdirektoren (VKD) Musterverträge für verschiedene Bereiche vorgelegt. Mit dem Kodex und dem "MedTech Kompass" werden die vier wichtigsten Prinzipien für "Healthcare Compliance" kommuniziert: * Trennungsprinzip: Zuwendungen dürfen nicht im Zusammenhang mit Beschaffungsentscheidungen stehen; * Transparenzprinzip: Jede Zuwendung und Vergütung muss offengelegt werden; * Dokumentationsprinzip: Alle Leistungen müssen schriftlich festgehalten werden; * Äquivalenzprinzip: Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Schmitt betonte die Bedeutung eines "Netzwerkes für mehr Sicherheit" für Compliance-Verantwortliche, das Richtlinien und Dienstanweisungen für Mitarbeiter sowie regelmäßige Schulungen in den Unternehmen und den medizinischen Einrichtungen beinhaltet. Die Philosophie des BVMed und des Kodex Medizinprodukte sei es, Gesetze zu erklären und verständlich zu machen sowie praktische Verhaltensempfehlungen zu erstellen und regelmäßige Informationen und Schulungen anzubieten. Man wolle aber nicht über die inländischen Gesetze hinausgehen, denn diese seien ausreichend.

Über die Regelungen des kürzlich im Bundestag eingebrachten Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen informierte Prof. Dr. Hendrik Schneider vom Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Kriminologie und Strafvollzugsrecht an der Universität Leipzig. Das Gesetz soll eine Lücke im Strafrecht schließen. Es schafft den Straftatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit aber nicht nur für die niedergelassenen Ärzte, sondern darüber hinaus auch für andere Berufsgruppen im Gesundheitsbereich. Betroffen sind in einem zweiten Straftatbestand auch bestimmte Berufspflichtverletzungen. Schneider bezeichnet die Regelung als "kernprägnant, aber nicht trennscharf". Die Grenzen der Strafbarkeit sind nach dem aktuellen Gesetzestext nur schwer zu ziehen. Die Folge sei, dass es mehr unklare als klare Sachverhalte gebe und die Frage nur schwer zu beantworten sei, ob bestimmte Kooperationen zulässig oder strafrechtlich relevant seien. Rechtspolitisch problematisch findet Schneider die Regelungen zur "Bevorzugung im […] ausländischen Wettbewerb in unlauterer Art und Weise" sowie zur "Verletzung berufsrechtlicher Pflichten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit" als Auffangtatbestand beim Fehlen einer Wettbewerbssituation. Eine funktionierende Kooperation beispielsweise im Entlassmanagement könne natürlich zu Marketingeffekten führen, die künftig problematisch sein könnten, so Schneider. Das gelte auch für Rabattaktionen, jedoch nicht im OTC-Bereich, wo sie explizit erlaubt sind. "Hier gibt es also künftig aufgrund der mangelnden Trennschärfe der Regelungen durchaus Stolpersteine für die Praxis", kritisiert der Leipziger Rechtswissenschaftler.

Christiane Döring, GHD-Geschäftsführerin und stellvertretende BVMed-Vorstandsvorsitzende, schilderte mögliche Auswirkungen auf die Praxis der Hilfsmittelleistungserbringer und auf die Patientenversorgung, wenn das Korruptions-Bekämpfungsgesetz so wie geplant mit der zweiten Tatbestandsalternative kommt. Die Kooperationen von Homecare-Unternehmen mit Ärzten und Krankenhäusern würden dann unter Generalverdacht gestellt "und werden deshalb deutlich weniger werden". Die Verunsicherung aller Beteiligten werde als Kooperationsbremse zu spüren sein, befürchtet Döring. Es bestehe die Gefahr, dass innovative Kooperationen gar nicht erst gestartet werden. Dörings Kritik am Gesetzentwurf: "Die Hürde für einen Anfangsverdacht der Berufspflichtverletzung ist nicht hoch und der Imageschaden und damit der wirtschaftliche Schaden für die Leistungserbringer beginnt bereits mit Aufnahme der Ermittlungen und Information der Öffentlichkeit." Prüfungsmaßstäbe für die berufsrechtliche Pflichtverletzung müssten zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit erst über Jahre durch die Rechtsprechung entwickelt werden. Döring: "Das hilft den Beteiligten heute leider überhaupt nicht." Erschwert werde die Situation zudem durch das Antragsrecht der Krankenkassen, die zugleich Vertragspartner und Geldgeber sind. Auch Mitbewerber, die sich von möglichen korruptiven Absprachen verletzt fühlten, seien antragsberechtigt. "Das Schlimmste an den vorgenannten Konsequenzen ist, dass demjenigen, den der Gesetzgeber schützen will, dem Patienten, mit alledem überhaupt nicht geholfen wird. Im Gegenteil, es droht eine Verschlechterung der Patientenversorgung", so Döring kritisch. Sie forderte daher die Streichung der zweiten Tatbestandsalternative der berufsrechtlichen Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit.

Aktuelle Compliance-Probleme beleuchtete Carsten Clausen, Leiter der Business Unit Versorgungsmanagement bei B. Braun Melsungen. Bei Zuwendungen an den "Kunden", den Arzt, bewege man sich immer in einer rechtlichen Grauzone. Man sollte deshalb die Prinzipien der Trennung, Dokumentation, Transparenz und Äquivalenz beachten. Die Prinzipien dürften aber auch nicht "pervertiert" werden, so Clausen. Als Beispiel nannte er die Offenlegung jeglicher Zuwendungen an Kunden durch Unternehmen im Internet. Unproblematisch seien Leistungen für den Patienten, weil dieser nicht als "Kunde" im Sinne des Gesetzes gelte. So könne man Stomapatienten in der Klinik vor der Entlassung vergünstigte Stomaprodukte zukommen lassen. Unsicherheiten gebe es derzeit beim Thema "Entlass- und Versorgungsmanagement". Entlassmanagement sei Klinikaufgabe. Außerdem sei noch der niedergelassene Arzt explizit erwähnt, aber keine weiteren Beteiligten, so Clausen. Die Homecare-Unternehmen seien aber über das Versorgungsmanagement nach §11 Abs. 4 SGB V in dem Bereich der Überleitung des Patienten vom Krankenhaus in den häuslichen Bereich eingebunden. Zum Bereich der Schulungen stellte Clausen klar, dass das Unternehmen natürlich für eigene Produkte und Therapien Schulungen durchführen darf. Schulungen zu anderen Themengebieten seien dagegen Kundenzuwendungen und damit rechtlich problematisch. In der Diskussion um das neue Korruptions-Bekämpfungsgesetz sieht Clausen bei der zweiten Tatbestandsalternative der berufsrechtlichen Pflichten das Problem, dass die Musterberufsordnungen in den einzelnen Bundesländern höchst unterschiedlich umgesetzt sind.

Oberstaatsanwalt Alexander Badle, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main, ging auf die Frage ein, was die neuen Strafgesetzparagrafen für die staatsanwaltliche Ermittlungsarbeit bedeuten. Grundsätzlich sieht Badle einen "hohen Entwicklungsgrad" des Compliance-Wissens und des Problembewusstseins bei den MedTech-Unternehmen. Grund seien die zahlreichen Schulungsveranstaltungen des BVMed seit vielen Jahren. Bei den niedergelassenen Ärzten stecke das Thema Compliance dagegen "noch in den Kinderschuhen". Badle verdeutlichte, dass der Gesetzgeber bei komplexen Fachthemen und Detailfragen nicht alles regeln könne. Umso wichtiger sei es, in der konkreten Anwendung des Straftatbestandes die Sachverhalte in den speziellen Fällen klar zu erfassen. Das neue Gesetz enthalte dabei eigentlich keine neuen Verbote, "sondern eine neue Sanktionsschärfe". Badles Botschaft an die BVMed-Unternehmen: "Wenn Sie sich an die Branchen-Spielregeln aus dem Kodex Medizinprodukte halten, haben Sie das Risiko einer strafrechtlichen Ermittlung deutlich minimiert." Er verdeutlichte, dass die Tatbestandsmerkmale der Paragrafen 299a und b StGB weit gefasst seien und jede Kooperation oder Leistungsbeziehung im Gesundheitswesen erfassen, "wenn sie zum Gegenstand einer Unrechtsvereinbarung gemacht werden". Die Abgrenzung zwischen einer zulässigen wirtschaftlichen Betätigung und einer strafbaren Unrechtsvereinbarung könne sich in der Praxis der Strafverfolgung oft als schwierig erweisen. Umso wichtiger sei es, die sehr spezifischen Marktvorgänge zu kommunizieren. Die Compliance-Regeln und die Compliance-Verantwortlichen eines Unternehmens seien dabei "eine ganz wichtige Firewall" und eine wichtige Kommunikationsschnittstelle zu den Staatsanwaltschaften. Durch eine gute Kooperation können Ermittlungsverfahren deutlich abgekürzt werden. "Eine gute Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten schützt vor unberechtigten Strafanzeigen", so Badle. Sein Plädoyer: "Investieren Sie auf Unternehmensseite in wirksame Compliance-Strukturen."

 Der Rechtsanwalt und Arzt Dr. Adem Koyuncu von Covington & Burling beleuchtete Lobbying-Compliance im Gesundheitsbereich in Brüssel und Berlin. Dabei gebe es zahlreiche Überschneidungen der Lobbying- mit den Compliance-Anforderungen. Insgesamt nehme die Bedeutung des Lobbying aufgrund der Komplexität der Thematik und der Auswirkungen von Rechtssetzungsverfahren im Gesundheits- und Medizinproduktebereich stark zu. Das wurde besonders deutlich an den äußerst komplexen Beratungen zur europäischen Medizinprodukte-Verordnung, so Koyuncu. Zu den Aufgaben der Compliance-Officer und Geschäftsführer gehört auch die Lobbying-Compliance. Das Unternehmen spricht dabei neben Politikern auch andere Gruppen wie Ärzte oder Krankenkassenvertreter an. Dabei handelt es sich häufig um Amtsträger. Hier gelten für die Unternehmen die strengen Compliance-Vorgaben. Beachtet werden müssen die speziellen Lobbying-Regeln, die sich beispielsweise aus den Lobbying-Registern in Brüssel oder anderen Ländern ergeben. Relevant sind aber auch die allgemeinen Regeln des Straf- oder Kartellrechts, spezielle Transparenzgesetze oder – als dritte Ebene – die verschiedenen Verhaltenskodizes auf europäischer und nationaler Ebene. Das "Joint Transparency Register" von EU-Kommission und -Parlament hat beispielsweise einen eigenen Verhaltenskodex und erfordert regelmäßige Berichterstattung über die Aktivitäten. Verstöße werden publik gemacht, was wiederum zu kritischen Medienberichten führen kann. Koyuncu empfahl den Unternehmen, Checklisten zur Gewährleistung der Lobbying-Compliance zu erstellen.

Auf Aspekte der kartellrechtlichen Compliance ging Rechtsanwalt Dr. Christian Burholt von Baker & McKenzie ein. Das Kartellrecht habe für die Unternehmen besondere Relevanz, da Kartellrechtsverstöße mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden. Die Höhe kann für Unternehmen bei bis zu zehn Prozent des Vorjahresumsatzes liegen. Die Kartellverfolgung stehe im Fokus von EU-Kommission und dem Bundeskartellamt. Die drei Säulen des Kartellrechts sind das Kartellverbot, das Marktmachtmissbrauchsverbot sowie die Fusionskontrolle. Entscheidend ist die Frage der Marktabgrenzung. Dabei geht es bei Medizinprodukten um die "funktionelle Austauschbarkeit aus Sicht des Arztes". Beispiel Herzklappen: Beim operativen Herzklappenersatz und beim kathetergestützten Herzklappenersatz handelt es sich um zwei unterschiedliche Märkte. Kartellrechtliche Risikobereiche sind Preisabsprachen, Absprachen über Konditionen, die Aufteilung von Kunden, die Absprache von Quoten sowie die Aufteilung von Märkten. Das Marktmachtmissbrauchsverbot greift, wenn das Unternehmen über eine marktbeherrschende Stellung von mindestens 40 Prozent verfügt. Zu den missbräuchlichen Verhaltensweisen gehören der Ausbeutungsmissbrauch, das Behinderungsverbot sowie das Diskriminierungsverbot. Wichtig sei die Installierung eines kartellrechtlichen Compliance-Programms, um die Risiken für die Unternehmen zu minimieren. Dazu gehören eine Risikoanalyse, Audits, interne Arbeitsanweisungen, regelmäßige Schulungen sowie eine Überwachung der Compliance-Regeln.